Eine kulinarische Weltreise – Vielfalt geht durch den Magen

Jeder Kleingärtner kennt diese lauen Sommerabende, an denen der Duft von Holzkohle und Bratwürstchen in der Luft liegt. Nicht so beim diesjährigen Sommerfest der Kleingartenkolonie Wiedervereinigung Anfang September in Schöneberg. Es roch vielmehr nach einem Mix aus asiatischen, persischen, südeuropäischen, deutschen und anderen internationalen Köstlichkeiten. All das war Teil einer kulinarischen Weltreise in Form eines Kochwettbewerbs. Aber der Reihe nach.

Sommerfeste sind für jede Kleingartenkolonie ein jährliches Highlight und eine große Herausforderung zugleich. Sie finden in der Hoch-Zeit der kleingärtnerischen Aktivitäten statt und bringen im Idealfall alle Gartenfreunde einer Kolonie zusammen. Das heißt, die Kreativität der „Vergnügungsausschüsse“ – also der Teams in den Kolonien, die solche Veranstaltungen organisieren – ist beim Sommerfest besonders gefragt.

Als sich der Vergnügungsausschuss der Kolonie Wiedervereinigung das erste Mal überlegte, was das Motto des diesjährigen Sommerfestes sein könnte, fiel allen auf, dass im Kleingartenverein viele unterschiedliche Nationen und Kulturen vertreten sind. So entstand die Idee, die Mitglieder der Kolonie aufzurufen, sich mit Gerichten aus ihrer jeweiligen Heimat an dem Sommerfest zu beteiligen. Diese kulinarische Weltreise sollte verknüpft werden mit einem Wettbewerb, bei dem die Teilnehmer des Sommerfestes am Ende des Abends ihren Favoriten küren sollten.

Der „deutsche Kleingarten“ ist längst zu einem Ort internationaler Gemeinschaft geworden. Mindestens zehn Nationen sind allein in der Kolonie Wiedervereinigung mit ihren rund 70 Parzellen vertreten. Klaus Neumann, Kleingartenforscher der Beuth-Hochschule, hat dem Tagesspiegel gesagt, dass der Anteil von Deutschen mit Migrationshintergrund unter Laubenpiepern höher sei, als in der Gesamtgesellschaft. Natürlich bringen unterschiedliche Kulturen und Hintergründe manchmal auch Probleme mit sich. Wie überall im Leben müssen Missverständnisse und Vorurteile aus dem Weg geräumt werden. Aber es gibt kaum eine gesellschaftliche Institution, die so viel für die praktische, unmittelbare Integration ausländischer und deutschstämmiger Migranten tut wie die Kleingartenvereine. Wenn man in die Geschichte des Kleingartenwesens schaut, hat das gute Tradition. So weist der Bundesverband Deutscher Gartenfreunde darauf hin, dass sich Kleingartenanlagen nach dem Zweiten Weltkrieg, als tausende Flüchtlinge und Vertriebene aus dem Osten nach Deutschland kamen, schon einmal als hervorragender Motor der Integration erwiesen hätten. Kleingärten sind ein gutes Stück deutscher Kultur – einer vielfältigen Kultur. Und das gilt nicht nur im Hinblick auf die Herkunft: Menschen jeden Alters treffen in Kleingärten aufeinander mit unterschiedlichem beruflichen, familiären oder sozialen Hintergrund. Das macht das Kleingartenwesen aus.

So bunt wie seine Teilnehmer war auch das diesjährige Sommerfest der Kolonie Wiedervereinigung. Schon das Kinderfest am Nachmittag stand im Zeichen des fröhlichen Miteinanders – und des Kochens. Für die Kleinen gab es einen Aufgabenparcours mit Kirschkern-Weitspucken, Kartoffellauf und einem Quiz rund um die internationale Küche. Anschließend zauberte ein Clown nicht nur allerlei aus seinem Hut hervor, sondern Kindern und Erwachsenen gleichermaßen ein Lächeln ins Gesicht.

Bevor es schließlich zum Höhepunkt des Sommerfestes kam: dem Abendessen mit anschließender Kür des leckersten Gerichtes. Es gab deutsche Buletten und Kohlrouladen, italienischen Nudelsalat, türkischen Grießkuchen, aramäischen Bulgursalat und Gemüse-Hackfleisch-Auflauf, mexikanisches Chili con carne, persischen Safran-Berberitzen-Reis, sri-lankische Noodles, thailändische Frühlingsrollen und Hähnchenspieße, türkische gefüllte Paprika, holländische Käsespieße sowie diverse Salate. Von allem durften und sollten kleine Portionen gekostet und bewertet werden.

Am Ende gab es nur Gewinner – die internationalen Köchinnen und Köche wurden allseits gelobt, und die Gäste waren alle mehr als nur satt. Den ersten Preis aber hat der aramäische Gemüse-Hackfleisch-Auflauf gewonnen. Bis spät in die Nacht hinein wurde zusammen gefeiert und zu internationaler Musik getanzt. Es war ein fröhliches Sommerfest und ein Zeichen der gelebten Vielfalt. Typisch Kleingarten eben.